Was ist die Provenienzforschung und auf welche Grundsätze stützt sie sich?

Die Provenienzforschung zeichnet die Herkunftsgeschichte eines Kunstwerks mit den Eigentümerwechseln von dessen Entstehung bis zur Aufnahme in die Sammlung des Museums nach.

Die Dokumentation der Provenienz gehört inzwischen zu den massgeblichen Tätigkeiten im musealen Arbeitsumfeld. Das gilt im besonderen Maß für die vor 1945 entstandenen und nach 1933 in die Sammlung aufgenommen Werke, bei denen es sich um NS Raubkunst handeln könnte.

Deren Identifizierung stützt sich auf die elf Grundsätze der Washingtoner Konferenz, die von der Schweiz 1998 unterzeichnet worden war, die damit auch den Willen bestätigt, eine gerechte und faire Lösung mit den Nachkommen der Opfer nationalsozialistischer Enteignungen zu finden.

Das Bundesamt für Kultur (BAK) unterstützt Projekte der Provenienzforschung mit einer auf zwei Jahre befristeten Finanzierung, die im Aussschreibungsverfahren vergeben wird. Aufgrund seiner Eigenschaft als vom Bund unterstütztes Museum ist die Provenienzforschung im MASI ein integraler Bestandteil des gemeinsam mit dem BAK unterzeichneten Leistungsvertrags. Die Anlaufstelle Raubkunst im BAK ist die zuständige Körperschaft auf Bundesebene für alle Fragen zu den von den Nationssozialisten konfiszierten Kunstwerken.

Im Frühjahr 2020 wurde zudem der Verein Schweizerischer Arbeitskreis Provenienzforschung gegründet. Die Vereinigung ist eine Plattform für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in Museen, in Archiven, in Bibliotheken, an den Universitäten und auf dem Kunstmarkt in der Provenienzforschung arbeiten und verfolgt das Ziel, Wissen auszutauschen und Forschungsergebnisse zu teilen.

Die Provenienzforschung im MASI und die aktuellen Projekte

Auch das MASI erkennt die ethisch begründete Notwendigkeit für Museen an, wachsam zu sein und sich aktiv an der Identifizierung von Werken zu beteiligen, die von den Nationalsozialisten enteignet wurden oder deren frühere Eigentümer zum Verkauf gezwungen worden waren.

Gleichzeitig sieht sich das Museum in der Verantwortung, ein transparentes Verhältnis zur Geschichte seiner Sammlungen zu gewährleisten.

Die vom MASI betreuten Sammlungen bestehen aus Werken, die zu einem grossen Teil lokaler Herkunft sind und daher nicht auf nationalen oder internationalen Kunstmärkten gehandelt wurden. Es gibt eine Gruppe von vor 1945 entstandenen und nach 1933 in die Sammlung aufgenommenen Arbeiten, die aus einem Marktumfeld stammen, in dem die Präsenz von NS-Raubkunst nicht auszuschließen ist.

In diesem Zusammenhang hat das Museum zwei Schenkungen identifiziert, die von zwei Forschungsprojekten untersucht wurden. Es handelt sich dabei um die Schenkung Lenggenhager-Tschannen (31 Werke) aus dem Jahr 1960 an die Eidgenossenschaft und den Kanton Tessin sowie um die Schenkung Milich-Fassbind (61 Werke) aus dem Jahr 1965 an die Stadt Lugano.

Im MASI koordiniert die für die Verwaltung der Sammlung zuständige Abteilung die Herkunftsforschung. Nach ersten Untersuchungen in den Archiven des Museums, der Stadt und des Kantons wird das Team von externen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterstützt, die sich auf die Forschungsarbeit in nationalen und internationalen Archiven spezialisiert haben.